Hochgeehrter Herr!

Es war mir sehr schmerzlich, meinem Versprechen, Ihnen das beiliegende Manuscript eher zu schicken, nicht nachkommen zu können, da mich das ungewöhnlich kalte Frühjahrswetter dieses Jahres mittelst einer tüchtigen Erkältung vierzehn Tage arbeitsunfähig gemacht hatte.² Ich bitte Sie, diese Verzögerung freundlichst entschuldigen zu wollen, die Fortsetzung hoffe ich nun schneller liefern zu können. Das beifolgende Manuscript enthält nämlich nur die Einleitung, eine kurze Lebensskizze und eine Betrachtung der philanthropischen Verdienste des Dr. E. Darwin; es fehlt noch die Analÿse der poetischen und wissenschaftlichen Arbeiten desselben, die ich ebenfalls etwas zu erweitern wünschte. Es liegt mir dabei besonders daran, ihn von dem an vielen Stellen ihm gemachten Vorwurfe zu reinigen, er sei ein blosser Nachahmer von Sir Richard Blackmore oder Brooke: ich habe deren in Betracht kommende Werke nun gelesen und kann daraufhin bestimmt sagen, dass davon keine Rede sein kann.³

In der Lebensbeschreibung habe ich freilich nicht viel mehr geben können, als was ich in den Werken von Miss. Seward u. Dr. Dowson vorfand, aber einige Bemerkungen im Jahrgange 1802 des Gentleman’s Magazine und Anderes dienten zur Ergänzung. Auch den Widerruf der Miss. Seward habe ich noch glücklich gefunden; er steht in dem vierten Bande des Jahrgangs 1806 der Edinburgh Review.⁴ Über Miss. Seward selbst fand ich einige sehr interessante Urtheile in Lockhardt’s Memoirs of the Life of Sir Walter Scott, die sehr geeignet sind, die Unzuverlässigkeit ihrer Nachrichten zu illustriren.⁵ Ich habe deshalb eine kleine Einleitung hinzugefügt, und darin die Quellen über das Leben des Dr. E. D. zu charakterisiren.⁶

Obwohl nun die neue Lebensbeschreibung nicht viel Neues bringt, so finde ich doch, dass sie durch eine bessere Gruppirung der einzelnen Daten ganz erheblich an Wirkung gewinnt; nicht allein das Buch der Miss. Seward, sondern auch die kleine Schrift von Dr. Dowson geben ihre Nachrichten so bunt durcheinander, dass sie keinen Genuss bei der Lecture aufkommen lassen. Mein Manuscript wird nun im Ganzen etwa 100 Octavseiten Druck umfassen; eine Veröffentlichung in einer Review wird dann allerdings wohl ausgeschlossen sein. Ich bitte Sie nun, hochverehrter Herr, vor Allem, dass Sie mein Manuscript nur wie eine Vorlage ansehen wollen, und daran ändern, was Ihnen falsch oder nur irgendwie bedenklich erscheint. Im Nachfolgenden möchte ich mir erlauben, Ihnen einige solcher Punkte namhaft zu machen, die mir zweifelhaft geblieben sind, und die mir der Ergänzung bedürftig erscheinen.

1. Wann wurde Dr. Darwin mit Watt, Boulton u. Edgeworth bekannt?⁷

2. Wohnte Edgeworth, ehe er nach Irland übersiedelte, in der Nähe von Lichfield?⁸

3. Wer waren die mehrfach von Dr. Dowson citirten Mr. Galton und Mrs. Schimmelpenninck?⁹

4. Zu welcher Zeit kaufte Dr. Darwin die Priorei bei Derby?¹⁰

5. War Dr. Darwin durch seine erste Frau mit dem Philanthropen John Howard verwandt?¹¹

6. War Dr. D.’s Vater ein Gelehrter, Gutsbesitzer, ?¹²

7. Wie ist sein Sohn, Sir Francis D. zu dem Adelstitel gekommen?¹³

8. Möchte ich mir die Anfrage erlauben, ob Ihnen über die Herkunft Ihrer Familie oder des Familiennamens etwas Positives bekannt ist? Im Gentleman’s Magazine finde ich (Vol. LXXII.II p 653) ein Gedicht von Mr Rainsfold auf den Tod von Dr. E. D. abgedruckt, in welchem in den Namen Darwin, Derwent offenbar Beziehungen vorausgesetzt werden.¹⁴ Nun sagt mir ein Sprachkundiger Freund die Sylbe Der, Dar sei keltisch und heisse Wasser, die Sylbe wen, went sei normännischen (dänischen) Ursprungs und heisse ebenfalls das Wasser, der Fluss, und er vermuthe, Ihre Familie müsse aus Wales stammen. Dabei ist mir der Ortsnamen Darwen in Lankastershire¹⁵ aufgefallen, und der Umstand, dass die Ortschaft, in welcher Edgeworth seinen Wohnsitz hatte Edgeworthstown heisst, gab mir die Idee, dass es mit Darwen und Darwin ähnlich sein könnte.

Ich erschrecke, Sie mit solchen Fragen zu quälen. Nehmen Sie, bitte, dieselben lieber für ungethan. Da Sie einige Briefe von Dr. E. D. mitzutheilen beabsichtigen, was höchlichst das Interesse der kleinen Schrift erhöhen würde, so habe ich Ihrem Plane wahrscheinlich vorgegriffen, indem ich den Brief, welchen Dr. D. eine Stunde vor seinem Tode an Mr. Edgeworth schrieb, in die Lebensbeschreibung aufnahm. Es schien mir dies deshalb passend, weil ich vorher den Bericht des G.’s Magaz., über seine letzten Lebensstunden, der von einem Verwandten oder Hausfreunde herzurühren scheint, wiedergegeben hatte, so dass die Ausführlichkeit an dieser Stelle motivirt erscheint. Wenn Sie den Brief aber lieber in dem Zusammenhange der übrigen geben wollen, so kann an jener Stelle leicht ein Hinweis auf die Sammlung eingeschaltet werden.¹⁶

Ebenso habe ich die mir zugänglichen kurzen Notizen über die drei Söhne Charles, Erasmus und Robert, eigentlich nur in der Voraussetzung hinzugefügt, dass Sie dieselben vielleicht durch ausführlichere Nachrichten ersetzen würden.¹⁷

Während ich eben im Begriffe war, diese gestern angefangenen Zeilen zu schliessen, traf Ihr freundliches Schreiben vom 2ⁿ. Mai ein, woraus ich ersehe, dass Sie Ihre Erholungsreise morgen antreten wollen. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen das angenehmste Wetter und einen guten erfrischenden Aufenthalt. Ich werde nun das Manuscript Ihrem Wunsche gemäss, noch heute direct an Herrn Dallas senden und ihn in Ihrem Namen bitten, sobald es seine Zeit erlaubt, mit der Uebersetzung zu beginnen.¹⁸ Er wird keine grosse Mühe haben, da ich alle Ausführungen aus Miss. Seward, D^r. Dowson, Mr. Edgeworth, Lockhardt u. A. englisch copirt habe. Für die Analyse von Dr. D.’s Werken dürfte es wohl am einfachsten sein, wenn der Drucker einfach die Belagstellen aus der Zoonomia, dem Botanic Garden us.w. als Vorlagen erhielte?¹⁹ So sehr ich mich allezeit freue, wenn ich von Ihnen einige Zeilen erhalte möchte ich Sie doch bitten, Ihre kurze Erholungszeit nicht durch Correspondenz zu beeinträchtigen; es wäre mir viel erfreulicher, nachträglich von Ihnen zu erfahren, dass Sie mit dem Erfolge der Arbeitsunterbrechung vollkommen zufrieden zu sein, Ursache haben.²⁰

Inzwischen zeichne ich, hochverehrter Herr, mit den herzlichsten Grüssen und Wünschen | Ihr | treulich ergebenster | Ernst Krause